Michail Petrowitsch Schetinin war der Gründer einer Experimental-Schule in Tekos (am Schwarzen Meer im Kaukasusvorland), dem „Lyzeum-Internat für komplexe Persönlichkeitsbildung von Kindern und Jugendlichen“. Hier wurde über mehrere Jahre hinweg Bildung neu entdeckt und gelebt.

Das Bild hat eine Verknüpfung zu einem deutschen Dokumentarfilm über die Tekos-Schule.

Im Mittelpunkt der Schetinin-Pädagogik steht die Aufrichtung des Menschen, die Förderung seiner Bewußtheit als lebendiger, in den universellen Kosmos eingebundenen Schöpfer, der im Streben nach Vervollkommnung seiner Verantwortung gerecht wird – als aktiver Gestalter in seiner Heimat und seinen Mitmenschen gegenüber
Dementsprechend wird Bildung umfassend gelebt – das Lernen und die Förderung der Persönlichkeitsentfaltung erfolgt allseitig. In einer Art Studium Generale werden die Bereiche Naturwissenschaft, Musik, Tanz, Bildende Kunst, Körperertüchtigung (insbesondere Kampfkunst) und Handwerk zu einem harmonischen Ganzen vereint. Die Schetinin-Pädagogik fördert auf wundervolle Weise systemisches Denken – Wissenserarbeitung und Forschung erfolgen immer mit Bezug auf das Ganze.

Im Tagesverlauf erfolgt ein lebhafter Wechsel zwischen den einzelnen Bereichen, wobei das Gehirn sowohl auf verbal-symbolischer als auch auf bildhaft-emotionaler Ebene angesprochen wird. Schetinin erkannte: „In den Künsten steckt der Zugang zum ganzheitlichen Verständnis, sie lassen uns intuitiv in die Gesetze der Natur eintauchen.“ Die Frequenzverhältnisse in der Musik sind mathematische Strukturen, die wir mit unseren Sinnen wahrnehmen können. Der Tanz öffnet den Zugang für die naturwissenschaftlichen Fächer, zum Beispiel zur Entwicklung des Raumgefühls als Grundlage für das intuitive mathematische Denken – wir erleben geometrische Formen, Zählen und Zyklus als mathematische Elemente, die man im Tanz nicht benennt, sondern spürt.

Im Rahmen einer nach Schetinin-Vorbild geführten Einrichtung (Schule/Internat/Seminarlager) erfolgt die Organisation und Bewältigung der für die Durchführung des Alltags relevanten Angelegenheiten gemeinsam – nicht nur beim Lernen, sondern auch bei Küchendienst, Versorgung und Hausarbeit bieten gruppendynamische Prozesse Möglichkeiten der Selbsterkenntnis und Entwicklung.

Die Leitlinie für selbstmotiviertes Lernen „Warum? Wofür? – Was brauche ich für mein Leben?“ erfährt hier ihren realen Bezug.

„Liebe das Kind, gebe es niemals auf! Behandle es wie den besten Menschen in der Welt. – Dann wird sich alles zeigen.“

In einem Lernumfeld der gegenseitigen Wertschätzung und Ermutigung erleben sich alle Teilnehmer in der Schetinin-Pädagogik als gleichwürdig und wertvoll, wächst Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten und Talente – geschieht Lernen völlig angstfrei. Michail Petrowitsch Schetinin ging davon aus, daß die im Kind angelegte Vollkommenheit nur hervorgebracht werden müsse: „Wir müssen die Natur des Kindes schätzen… Neugier und Interesse sind das erste Zeichen von Genialität… Der Mensch weiß alles! Er muß sich nur daran erinnern.