Man muß erkennen, was eine falsche Schwingung ist, und man muß eine Reaktion registrieren können. Eine Schwingung, ein Impuls, eine Gefühlswallung, ein Verlangen entspringen einem niederen Aspekt der Formseite. Sie unterscheiden sich von einer Emanation, die von der Seele herkommt. Die beiden Einwirkungen auf den Gefühlskörper müssen als verschieden erkannt werden. So muß man die Frage stellen: Ist diese Reaktion eine Rückwirkung auf das Leben derPersönlichkeit, oder ist sie eine Resonanz auf das Seelenbewußtsein? Kommt dieser Impuls, der meinen Gefühlskörper zur Tätigkeit anregen möchte, von dem göttlichen Leben in mir, oder kommt er von dem Formaspekt in irgendeiner seiner Manifestationen? Läßt dieser Impuls meinen Astralkörper in einer solchen Weise aktiv werden, daß jene, mit denen ich in Verbindung stehe, dadurch verletzt werden, oder wird ihnen geholfen? Werden sie gehemmt oder gefördert?

Ich sage euch, daß das Erlangen von Harmlosigkeit im positiven (nicht negativen) Sinn bedeutet, daß man jene Stufe erreicht hat, die bestimmt zum Tor der Einweihung führt. Wenn man sie zuerst erwähnt, so scheint sie ziemlich unbedeutend zu sein und das ganze Thema der Einweihung erscheint dadurch derart herabgesetzt, daß es unwichtig wird. Aber es sollte ein jeder, der so denkt, erst einmal diese Harmlosigkeit in die Praxis umsetzen, die sich auswirkt in rechtem Denken (weil sie auf einsichtsvoller Liebe beruht), in rechter Rede, weil sie von Selbstbeherrschung gezügelt wird, und in rechtem Handeln (weil sie auf ein Verstehen des Gesetzes gegründet ist), und er wird merken, daß dieser Versuch alle guten Kräfte und Fähigkeiten seines Wesens mobilisiert, und daß man sehr viel Zeit braucht, ehe sich ein Erfolg einstellt. Es ist nicht die „Harmlosigkeit“, die der Schwäche oder einer sentimentalen, liebevollen Veranlagung entspricht, die alles Unangenehme vermeidet, weil es die einmal festgelegte Harmonie des Lebens stört und umwirft und folglich Unbehagen herbeiführt. Es ist nicht die „Harmlosigkeit“ des wenig entwickelten, negativen, unfähigen Menschen, der nicht die Kraft hat zu verletzen, weil seine innere Ausrüstung ein so kleines Format hat, daß damit nur wenig Schaden angerichtet werden kann.Es ist jene Harmlosigkeit, die aus wahrem Verständnis und der Herrschaft der Seele über die Persönlichkeit herrührt, und die unvermeidlich zu geistiger Wesensäußerung im täglichen Leben führt. Sie entspringt der Fähigkeit, in das Bewußtsein und die Erkenntnis eines Bruders einzutreten, und wenn man das erreicht hat, ist alles vergeben und vergessen in dem Wunsch, ihm beizustehen und zu helfen.

Einer Reaktion auf falsche Schwingungen wird nicht grundsätzlich dadurch vorgebeugt, daß man sich entweder „ein abschirmendes Gehäuse“ erbaut oder sich mit Hilfe der Macht von Mantrams und der bildlichen Vorstellung „isoliert“. Diese beiden Methoden sind zeitweilige Notbehelfe, durch die sich jene zu schützen suchen, die noch etwas zu lernen haben. Die Abschirmung führt zu Absonderung, wie ihr gut wißt, und schließlich zu der Notwendigkeit, die Gewohnheit der Abschirmung zu überwinden und die schon gebildeten Gehäuse zu zerstören. Das letztere kann leichter erreicht werden als die Überwindung der Gewohnheit. Dieses Wändebauen geht automatisch so lange weiter, bis der Aspirant schließlich so viele Wälle um sich herum gebaut hat, daß er weder herauskommen kann, noch durch einen Kontakt von außen her zu erreichen ist.

Der Prozeß der Isolierung, der eine weiter fortgeschrittene Praktik ist und mehr magische Kenntnisse erfordert, besteht darin, gewisse Energien des Lebenskörpers in eine bestimmte Richtung auszustrahlen, die dazu dienen, andere Energien durch eine sogenannte Stoßwelle auf Distanz zu halten. Durch diese Stoßwelle werden die herankommenden Energien abgebogen und zurückgeworfen und in eine andere Richtung gesandt. Aber diese Energien müssen irgendwo hingehen, und wenn sie etwa einen anderen Menschen schädigen sollten, ist dann nicht derjenige verantwortlich, der ihre Richtung änderte in dem Wunsch, sich selbst zu schützen? Die Ausübung der Harmlosigkeit ist für den Aspiranten der beste und leichteste Arbeitsweg.

Dann gibt es nichts in ihm, was irgendeinem Leben in irgendeiner Form feindselig gesinnt ist, und er zieht also nur das an, was wohltätig wirkt. Er benutzt die so angezogenen wohltätigen Kräfte, um anderen Wesen zu helfen. Dies muß der erste Schritt sein; die damit verbundene Disziplinierung und die ständige Überwachung aller Handlungen auf den drei Ebenen menschlicher Evolution und aller Reaktionen bringen den Emotionalkörper unter die Herrschaft des erleuchteten Denkvermögens. Dies bringt auch das Verständnis für die Mitmenschen mit sich.

Dann gibt es zweitens eine spätere Stufe, auf welcher der Jünger lernt, die falschen Schwingungen und zerstörenden Energien zu absorbieren und umzuwandeln. Er hat weder Schutzwände noch Schranken. Er sondert sich nicht ab und isoliert sich auch nicht von seinen Brüdern. Er hat gelernt, durch Harmlosigkeit alle bösen Ausstrahlungen zu neutralisieren. Nun wirkt er mit einer neuen Art von Positivität. Entschlossen und im vollen Bewußtsein dessen, was er tut, sammelt er alle bösen Ausstrahlungen (zerstörerische Energien und falsche Kräfte), zerlegt sie in ihre Bestandteile und schickt sie neutralisiert, machtlos und harmlos, jedoch im Wesen unverändert, dorthin zurück, von wo sie kamen.

Ihr sagt, daß dies eine schwierige Lehre sei und dem durchschnittlichen Aspiranten nur wenig sage? Das ist immer die Methode esoterischer Lehre, aber jene, die wissen, werden verstehen und für sie spreche ich.

Quelle: Alice A. Bailey/ Djwhal Khul in „Eine Abhandlung über Weiße Magie“